Offener Brief an die Bundesregierung für die rasche Änderung des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung bzgl. der Unterstützungsunterschriften

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Bundesministerinnen und Bundesminister,

sogenannte nicht etablierte Parteien müssen für die Teilnahme an der Bundestagswahl 2021 laut dem Wahlgesetz eine erhebliche Anzahl von Unterstützungsunterschriften sammeln. In der jetzigen Corona Situation würde dieses Sammeln die Gesundheit von hunderttausenden Menschen gefährden. Deshalb fordern wir eine Änderung des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung bis zum 26.06.2020 im Punkt Unterstützungsunterschriften, sodass nicht etablierte Parteien ihren Rückhalt in der Bevölkerung auf eine Art und Weise nachweisen können, die nicht die Gesundheit von so vielen Menschen gefährdet.

Warum die Änderungen bis zum 26.06.2020 erfolgen müssten:

Die Aufstellung der Bewerberinnen und Bewerber für die Bundestagswahl kann frühestens am Donnerstag, den 25.06.2020 erfolgen. Die Formblätter für Unterstützungsunterschriften können also frühestens am Freitag den 26.06.2020 von den Wahlämtern ausgehändigt werden. Erst dann kann mit dem Sammeln der Unterstützungsunterschriften begonnen werden. Abgabefrist der Unterstützungsunterschriften ist der 69. Tag vor der Wahl. Der genaue Wahltag wird voraussichtlich Anfang 2021 bekannt gegeben, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Wahl am 19.09.2021 oder am 26.09.2021 stattfinden wird. Wird vom 19.09.2021 ausgegangen, sind also genau 381 Tage Zeit, die Unterstützungsunterschriften zu sammeln (Die Abgabefrist wäre dann am 12.07.2021). Um in ganz Deutschland antreten zu dürfen, müssen 27.495 Unterschriften gesammelt werden. Das sind durchschnittlich 72,2 Unterschriften pro Tag (27.495 geteilt durch 381). Mit der jetzigen Gesetzeslage müssen einige nicht etablierte Parteien praktisch am 26.06.2020 mit dem Unterschriftensammeln beginnen. Bei jedem Tag, der später begonnen wird, erhöht sich die Anzahl der Unterschriften, die dann pro Tag geschafft werden muss. Es ist auch zu beachten, dass bei schlechtem Wetter und im Winter das Sammeln sehr viel ineffizienter ist, so dass es umso wichtiger ist, bereits am 26.06.2020 mit dem Unterschriftensammeln zu beginnen. Aus Erfahrung werden auch beim Prüfen der Unterstützungsunterschriften aus verschiedensten Gründen, wie z.B. Unleserlichkeit oder vergessenem Geburtsdatum, ca. 10% der Unterstützungsunterschriften ungültig, so dass durchschnittlich eher ca. 80 Unterstützungsunterschriften pro Tag gesammelt werden müssen (und zwar jeden Tag 381 Tage lang).

Warum durch das Sammeln die Gesundheit von hunderttausenden Menschen gefährdet wird:

Zum Sammeln von ca. 30.000 Unterstützungsunterschriften finden aus Erfahrung über 100.000 Gespräche statt, da ja nicht jeder nach einem Gespräch unterschreibt. Und es gibt zahlreiche nicht etablierte Parteien, die alle ab dem 26.06.2020 diese über 100.000 Gespräche führen müssen.

Vorschläge, wie die Änderungen aussehen könnten:

Die Änderungen müssen es ermöglichen, dass nicht etablierte Parteien auch ohne persönliche Gespräche die Anforderungen für die Wahlteilnahme erfüllen können. Anbieten würde es sich, das Unterzeichnen online zu ermöglichen ähnlich wie bei Petitionen beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Falls dies nicht ausreichend fälschungssicher ausgestaltet werden kann, wäre es z.B. möglich, dass jeder Wahlberechtigte per Post einen Code zugeschickt bekommt, mit dem er dann online eine Unterstützungsunterschrift abgeben kann. Oder es könnte z.B. einige Monate vor der Bundestagswahl eine Art Briefwahl stattfinden, in welcher die Wahlberechtigten entscheiden, welche nicht etablierten Parteien zugelassen werden sollen. Entscheidend wäre bei solchen Unterstützungsunterschriften per “Briefwahl”, dass jeder Wahlberechtigte wie bei der Briefwahl, die Unterlagen zugeschickt bekommt, bzw. jeder Wahlberechtigte ein Infoblatt zugeschickt bekommt, auf dem erklärt ist, wie die Unterlagen beantragt werden können. Dies wäre wichtig, da viele Wahlberechtigte ja gar nicht wissen, dass nicht etablierte Parteien Unterstützungsunterschriften sammeln müssen. Mit der jetzigen Gesetzeslage ist es zwar bereits möglich, dass Wahlberechtigte das Formblatt für eine Unterstützungsunterschrift runterladen, ausdrucken, ausfüllen, persönlich und handschriftlich unterschreiben und dann per Post an die jeweilige Partei oder das Wahlamt schicken. Dies stellt aber eine zu große Hürde dar, da sich aus Erfahrung nur sehr wenige diese Mühe machen oder überhaupt von diesem Verfahren wissen.

Da Unterstützungsunterschriften ja den Rückhalt der Partei unter den Wahlberechtigten zeigen sollen, wäre es auch denkbar, auf die Unterschriften bei denjenigen nicht etablierten Parteien zu verzichten, die in der Vergangenheit bereits ihren Rückhalt in der Bevölkerung nachgewiesen haben, z.B. durch vergangene Wahlteilnahmen und den damit verbundenen Unterstützungsunterschriften oder durch vergangene Wahlergebnisse, auch wenn diese geringer als 5% waren.

Das Unterschriftenquorum wie bei der Kommunalwahl in NRW auf 60% zu senken, ist nicht ausreichend, da damit immer noch durchschnittlich ca. 50 Unterstützungsunterschriften pro Tag gesammelt werden müssten, und immer noch hunderttausende Gespräche geführt werden müssten.

Bis zum 26.06.2020 handeln:

Wir fordern sie auf, bis zum 26.06.2020 eine gesetzliche Änderung zu beschließen. Abwarten und sehen, wie die Corona Situation sich entwickelt, können die nicht etablierten Parteien nicht. Mit der jetzigen Gesetzeslage müssen sie praktisch am 26.06.2020 mit dem Unterschriftensammeln und den damit verbundenen gesundheitsgefährdenden Gesprächen beginnen. Eine eventuelle spätere Gesetzesänderung hilft da auch nicht, da die nicht etablierten Parteien am 26.06.2020 ja nicht wissen, wie eine spätere Gesetzesänderung aussehen wird und ob sie überhaupt kommen wird.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei)
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
Partei der Humanisten (Die Humanisten)
V-Partei3 – Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer (V-Partei3)
Partei für Gesundheitsforschung (Gesundheitsforschung)

 

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